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aus der Radioszene Südtirols zurück- ziehen.
Doch weit gefehlt: Egli suchte nach einem neuen Partner und fand diesen mit Radio Bavaria International (RBI). Und so feierte dieser Sender im Som- mer 1983 ein überraschendes Come- back. RBI (später Radio M 1) schickte vom Schwarzenstein im Ahrntal (ca. 3400 m) dank Sichtverbindung nach München erstmals ein optimales Si- gnal nach Bayern und erreichte auch die Landeshauptstadt in Top-Qualität.
In einer Blitzaktion errichteten dar- aufhin die Techniker von Radio Bren- ner ebenfalls eine Antenne und einen Sender-Container auf dem Schwar- zenstein – freilich ohne Genehmi- gung. Nur einen Tag vor der geplan-
Die Sendeanlage auf der Flatschspitze.
ten Inbetriebnahme versiegelte die Südtiroler Landesregierung die kom- plette Anlage. So blieb Radio Brenner nichts anderes übrig, als weiter von der Flatschspitze zu senden. Da aber auch der Sendebetrieb von RBI/M 1 nach wenigen Monaten per Gerichts- entscheid unterbunden wurde, war man ab Herbst 1983 immerhin wie- der der einzige Südtiroler Sender, der gezielt Richtung Bayern abstrahlte – zumindest vorübergehend.
Nun gab es allerdings neue Probleme: Auf die Sendeanlage auf der Flatsch wurden gleich mehrfach Brandan- schläge verübt, was immer wieder zu mehrtägigen Sendeunterbrechun-
gen führte. Als im Sommer 1984 priva- tes Kabel-Radio in München startete, verabschiedeten sich zudem zahlrei- che Moderatoren aus Sterzing. Auch einige Investoren zogen sich zurück. Folge: Finanziell und auch perso- nell musste Radio Brenner von die- sem Zeitpunkt an kleinere Brötchen backen.
Zu dieser Zeit war es bereits ein offe- nes Geheimnis, dass der am Mikrofon stets gut gelaunte Programmchef Bernd Kühl privat ein eher unguter Zeitgenosse war: Seine eigentümli- chen Launen waren nicht selten der Grund dafür, dass sich neue Mode- ratoren schon nach kurzer Zeit wie- der aus Sterzing verabschiedeten. Im Programm war demnach nur noch wenig Kontinuität gewährleistet. Au- ßerdem hatte man plötzlich Konkur- renz durch die Privatradios in Bayern. Und auch in Südtirol gesellte sich mit Radio C ein neuer Sender dazu, der ebenfalls Richtung Norden sendete.
Mit einem Mini-Team um Kühl und den treuen Waldemar Müller düm- pelte Radio Brenner zunehmend vor sich hin. Aber im Sommer 1986 schaff- te der Sender völlig überraschend doch noch den Sprung auf den, von den Gerichten wieder freigegebenen Sendestandort Schwarzenstein. Nun wollte man dank der extremen Reich- weite Richtung Norden noch einmal so richtig durchstarten und setzte gleich mal mit der Umbenennung des Senders in „Südtirol eins“ ein ers- tes Zeichen. Zur Ruhe sollte die Stati- on aber auch in den Folgejahren nicht kommen. Was im Detail geschah, lest Ihr in einer der nächsten Westpoint- Ausgaben.
Mike Lo
Um Radio Brenner ragten sich stets viele Geschichten und Gerüchte. „Die zum Teil wirklich dubiosen Vorfälle und die ausgetragenen persönlichen Animositäten zwischen einzelnen Mit- arbeitern in Sterzing würden heute Bestandteile einer erfolgreichen Trash- Doku-Serie im Fernsehen sein“, meinte Ex-Moderator Jürgen Kauer in einem Interview gegenüber www.uhini.de. Eine besonders kuriose Begebenheit vom Sommer 1983 soll hier als Beispiel angeführt werden.
Während der Errichtung einer eigenen Sendeanlage auf dem Schwarzenstein sendete Radio Brenner mehrere Wo- chen ausschließlich Non Stop Music und wies auf ein „Testprogramm“ hin. Einen Tag nach der Versiegelung des Bauwerks meldeten sich die Modera- toren zurück, allerdings allesamt mit Pseudonymen. Auch den einzelnen Sendungen hatte man einen neuen Namen verpasst. 24 Stunden lang hat- te dies Bestand. Und ständig versuchte man, den Hörern zu vermitteln, man funke nun über eine neue Anlage mit einem weitaus größeren Sendegebiet als bisher. Angeordnet haben soll die- ses „Kasperltheater“ Programmchef Bernd Kühl. Was er damit bezwecken wollte, weiß bis heute außer ihm wohl keiner.
Am nächsten Tag war der Spuk jeden- falls vorbei. Radio Brenner sendete sein gewohntes Programmschema, und auch die Moderatoren durften wieder ihre bürgerlichen Namen benutzen.
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